REINKARNATION Art Academy
 

28 Sep, 2017   |     |   2

Alte Meister- alte Tricks

Wenn man von den alten Meistern spricht, scheint immer kurz ein leises aber ehrfürchtiges Beben durch die Stimme zu gehen.

Wer sind diese alten Meister und was macht ihre Magie aus, dass sie auch heute noch so verehrt werden?

Wenn wir über diese Maler reden, meinen wir meist Künstler des 14. Bis 18. Jahrhunderts und die Bezeichnung gilt nicht nur für die Personen, sondern ebenso für deren Werke.

Als erstes kommt mir persönlich immer der geniale Leonardo da Vinci in den Kopf, Michelangelo und Caravaggio folgen ihm auf dem Fuße. Was verbindet diese Maler und andere Ihrer Zeit? Ich habe immer das Gefühl diese Werke wiegen Tonnen. Die Farben und die Sujets sind meist so schwer, dass ich beim Anblick schon Muskelkater bekomme.

Es gab kein künstliches Licht, sondern in Gebäuden wurde zumeist mit Kerzen beleuchtet. Für die Malerei ein extrem wichtiger Faktor, da es natürlich nicht so leicht ist, wenn man ein Bild bei ständig wechselnden Lichtverhältnissen malen muss. Da ist eine Kerze deutlich zuverlässiger und man kann sich länger an einem Portrait oder Stillleben aufhalten.  Claude Monet hat diese Hürde in seinen impressionistischen Werken übrigens leicht überwunden indem er mehrere Leinwände nebeneinander stellte und je nach Tageszeit einfach am nächsten Bild weiter malte. Dadurch sind alleine von der Kathedrale von Rouen 33 Bilder in verschiedenen Farben entstanden, die das Gebäude in immer anderen Lichtstimmungen und Atmosphären zeigt. Herrlich!

Zurück zu den alten Meistern: Sicherlich ist Kunst heute auch noch groß und größer, aber bei den Alten Meistern ging der Trend zu teils riesigen Leinwänden und vielen lasierenden Schichten von selbst abgemischten Ölfarben,  dramatischen und dynamischen, sakralen und mythologischen  Themen oder einnehmenden Portraits von Personen in teuren und geschichteten Gewändern (heute würde man sagen: „Lagenlook“). Wochen und Monate wurde an einem Bild gemalt und meist stand hinter dem großen Meister eine komplette Kunstwerkstatt mit vielen Mitarbeitern, die Teile des Bildes nach der Konstruktion  und Vorzeichnung des Meisters malten. Manchmal auch blieb dem Künstler, dessen Unterschrift das Bild nachher zieren sollte, nur der letzte Schliff vorbehalten um die bekannte, malerische Handschrift nicht zu verfälschen.

Heute gibt es Akademien in Italien, viele natürlich auch in Russland und China, wo junge Menschen zu  Künstlern ausgebildet werden und ein großer Teil des Studiums daraus besteht einen Rubens, einen Caravaggio perfekt zu kopieren, denn nur so lerne man angeblich die hohe Kunst des Kunsthandwerks. Nicht verkehrt, aber verstummt bei diesen Akademien oft die eigene Kreativität auf dem Weg des Studiums, da man so versessen danach strebt aus der Hand ein Meisterwerk  im Sinne der Alten Meister zu schaffen.

Nun ist vor nicht allzu langer Zeit ein kleiner, sehr talentierter, englischer Künstler auf die Suche nach den Geheimnissen der Alten Meister gegangen und fand sie in den alten europäischen Städten Brügge Gent und Florenz etc.  David Hockney veröffentlichte im Jahre 2006 „Das geheime Wissen“, in dem er ausführliche Beweise zu den Tricks der Alten Meister aufführte. Eine  großartige und unbedingt  empfehlenswerte Dokumentation von BBC  über seine Nachforschungen findet ihr hier.

Das Buch des werten Herrn Hockney war ein Aufschrei  in der Kunstwelt und besonders  zwischen den verstaubten Kunsthistorikern, die plötzlich alle Ansichten, über etwas sicher Geglaubtes verwerfen mussten.

Er beschreibt hunderte Jahre alte Konstruktionen, die mit Licht, Spiegeln oder Glaslinsen, Rastern und Ähnlichem funktionierten und zeigt am Beispiel eines Kronleuchters von Jan van Eyck, wie man sich als Künstler behelfen kann das Objekt der „Begierde“ auf Leinwand zu projizieren. Hockney sagt, dass es den alten Meistern ohne diese Mittel kaum möglich gewesen wäre bestimmte Objekte, Perspektiven, Lichtreflexionen und Personen dermaßen exakt zu treffen.

Ernüchternd..das könnte nun die Reaktion sein, wenn wir vor einem Bild von Vermeer stehen und uns vorstellen, wie er sich mit Hilfsmitteln die Arbeit vereinfachte. Auf der anderen Seite aber steht dennoch die künstlerische Raffinesse, die doch derart genial und nicht zu leugnen ist!

Welcher andere  Künstler könnte monatelang unter der Decke der Sixtinischen Kapelle liegen und die Erschaffung Adams in einer solch grazilen und gleichzeitig erschütternden Komposition malen, wenn nicht Michelangelo?

Welcher Künstler könnte den Körper einer fülligen und doch auch kräftigen Frau in einer solch fließenden und greifbaren Farbigkeit und Haptik zum Leben erwecken, wenn nicht Rubens?

Welcher Künstler könnte ein Lächeln so zart andeuten, dass der Betrachter sich noch Hunderte Jahre später fragt, ob es wirklich ein Lächeln ist, wenn nicht da Vinci?

Wollen wir bei diesem Wissen nun den Künstlern unserer Zeit vorwerfen, dass sie Projektoren und Fotos verwenden um Werke zu schaffen, die doch ein Zeitzeugnis sind und wahre, außergewöhnliche Fähigkeiten und Talent erfordern und durch die Tricks nichts an ihrer Individualität einbüssen?

Dieses Denken muss sich ändern, damit auch die Schüler, die in unserer Akademie und anderen sitzen sich trauen Hilfslinien und Modelle zu nutzen. Es ist keine Schwäche die vorhandenen Mittel zu nutzen, die wir in unserer Zeit entwickelt haben! Wenn die Anfänger nach dem Erlernen der Grundtechniken beginnen ihre eigenen Motive zu wählen und ihre eigenen Geschichten zu erzählen sollen sie doch schamlos den Fundus an Fähigkeiten und Tricks nutzen, den sie erlernt haben!

DeR Betrachter sollte es dann auch als nicht wichtig empfinden, wie es sich der Künstler einfach gemacht hat, um ans Ziel zu kommen! Denn zum Glück sind wir in der Kunst und nicht der Mathematik und das Ergebnis ist auch ohne den Weg dahin vollkommen Richtig.

 

Ein Blogbeitrag von Jovita Majewski

 

2 Antworten zu “Alte Meister- alte Tricks”

  1. Charlotte Barth sagt:

    Dankeschön werte Frau Majewski für Ihren Blog.

    Für Interessierte Menschen hätte ich einen tollen Buchtipp zum Thema:
    „Das herrliche Leben“ von Zsolt von Harsany – der Lebensroman von Peter Paul Rubens.1942

    „Weit spannt sich der Bogen dieses Lebens: von Antwerpen bis Rom, von Mantua in Italien an den spanischen Hof, von Brüssel nach Paris und London führen ihn seine vielen Reisen. In Florenz ist er Zeuge der Vermählung Heinrichs des IV. von Frankreich mit Maria de Medici…usw “

    Er begegnet Gallileo Gallilei in Italien und Cervantes in Spanien. Breughel und Velazquez sind seine Freunde. Van Dyck ist sein Schüler, Frans Hals sein Zeitgenosse, sowie auch Rembrandt. Ich habe diesen Roman mit großer Begeisterung gelesen und habe einen tiefen Eindruck der Künstler und deren Schaffen in den Zeiten des dreißigjährigen Krieges erhalten….es ist ungalublich spannend geschrieben…….guck die amazonischen Bücher.

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